Chudschand | zu Gast im Hotel Leninabad

Neben dem Ehrengrab Kamol Khujandis verfällt eine Moschee. Foto: Margitta Begenau

9. Chudschand | zu Gast im Hotel Leninabad

Leninabad –  die Stadt Lenins, so hieß Chudschand von 1939 bis 1992. Zwei Menschenalter, zwei Generationen lang. So lange, dass die Älteren den Namen bis heute verwenden, und so lange, dass auch eines der größten Hotels am Ort noch immer den Namen Lenins trägt. Das Hochhaus ist in die Jahre gekommen. Die Aufzüge sind defekt,   am Abend sehen wir niemals Licht jenseits der dritten Etagen, obwohl es heißt, das Hotel sei ausgebucht. Im Zimmer stehen Möbel russischer Bauart, mit Kühlschrank und Flaschenkühlern, deren Stromkabel jetzt abgeschnitten sind. Vom Balkon hat man einen freien Blick auf den Syr-Daja. Eine große Leninstatue erhob sich einst am anderen Ufer, sie war das Wahrzeichen der Stadt. Sie wurde durch eine ebenso große Figur des Samaniden-Herrschers Ismail I. ersetzt, den neuen Übervater der Nation. Wir sind nostalgisch und suchen den Lenin. Tatsächlich weisen uns Polizisten den Weg zu ihm. Er steht in einem Freiluftdepot und sogar einen neuen Sockel aus rohem Beton erhalten.  Viel Geld ist in das Historische Museum geflossen. Es ist in einem Fort der alten Stadtbefestigung untergebracht.

Im Inneren zeigt man uns einen ansonsten leeren Raum mit Steinintarsien im griechischen Stil, Air Condition, Gipsabgüsse aus Persepolis, aber kaum hochkarätige Exponate. Am Nachmittag treffen wir einen Mann, der uns etwas zeigen will. Eine unscheinbare Straße hinter einem alten Wohnblock. Plötzlich stehen wir vor der Ruine einer Lehmziegel-Moschee. Niemand kümmert sich um ihren Erhalt, Teile des Daches sind eingestürzt, eine Deckenmalerei ist erhalten. Alte Holzsäulen, Wandstuck mit arabischer Schrift. Uralte Bäumriesen, daneben junge Kirschbäume voller reifer Früchte. Daneben ein kleines Grabmausoleum, das erst vor wenigen Jahren gebaut wurde. Eine Steintafel erinnert an Kamoli Khujandi aus. Die Nachtigall von Chudschand nannte man diesen Sufi-Gelehrte und Poeten, der im 14. Jahrhundert lebte. Doch liegt nicht das historische Grab Kamolis im iranischen Täbris? Man hat einen zweiten Ort der Verehrung geschaffen – ein Steingrab.  Die einzige Frau in unserer Gruppe muss das Kenotaph einmal mit dem Besen umrunden. Dann spricht der Unbekannte, der uns hierher geführt hat, ein Gebet für uns. Er erbittet den Segen für eine glückliche Reise.

 

 

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