Duschanbe| Ein Relikt sowjetischer Stadtplanung

Eisverkäufer vor dem Präsidenpalast. Foto: Karsten Schöne

1. Duschanbe | Ein Relikt sowjetischer Stadtplanung

Noch schläft Duschanbe. Es ist fünf Uhr in der Frühe. Unser Auto fährt über leere, von großen Bäumen gesäumte Alleen. Der Nachtflug liegt hinter uns und die Einreisekontrolle, bei der die Gepäckmarken eine zentrale Rolle zu spielen scheinen. Pastellfarbene Fassaden ziehen an uns vorbei, dazwischen Spiegelglasfassaden und Neubauten im orientalischen Stil. Die Stadt wirkt seltsam vertraut. Sind es die verschneiten Berge, die sich beim ersten Tageslicht am Horizont abzeichnen und die entfernt an die Alpen erinnern? Sind es das moderne Burger-Restaurant oder der Supermarkt an der Hauptstraße? Nein. Es ist ihr imperialer Geist. Duschanbe trägt ein fernes Echo Europas in sich, weil sie eine sowjetische Stadt ist. Die Einheimischen bezeichnen das Alter der Häuser, indem sie von Stalin-Häusern, die Chruschtschow-Häusern, Breschnew-Häusern sprechen. Lange Fußwege sind typisch für sowjetische Städte. An den Magistralen gibt es Straßenbahnen. Dazwischen Grün. Nur Kolonnen von Straßenkehrern sind in der Frühe schon unterwegs. Ihre Arbeit, zusammen mit den Bäumen und zahlreichen Springbrunnen, beschert Duschanbe ein angenehmes Mikroklima.

Springbrunnen in großer Zahl stehen auch vor dem neu errichteten Sitz des Präsidenten, dem Palast der Nation. Von hier aus regiert Emomali Rachmon, der seit 1992 im Amt ist, das Land. Neben dem Regierungssitz hat er einen 165 Meter hohen Fahnenmast mit der tadschikischen Nationalflagge errichten lassen. Uns interessiert, wie es außerhalb der Hauptstadt aussieht – in einem Hochgebirgsland mit nur wenigen überregionalen Straßen, in dem eine Rundreise kein leichtes Unterfangen ist. An vielen Stellen erkennen wir Bemühungen der Regierung, die Infrastruktur zu erhalten oder zu verbessen. Wo gearbeitet wird, sind auch die Plakate nicht weit , die den Präsidenten vor Getreidefeldern,mit Schulklassen oder vor Kraftwerken zeigen. Doch die topgrafischen Bedingungen sind schwierig, und wichtige Verkehrsknoten liegen heute auf dem Territorium der Nachbarländer. Die Planungen stammen oft noch aus sowjetischer Zeit, in der die heutigen Staatsgrenzen niemanden kümmern mussten. Zugleich sind die Mittel, die das Land aufbringen kann, begrenzt. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt auf der Höhe von Entwicklungsländern.

 

 

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